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Brutto- oder Nettobeitrag Berufsunfähigkeitsversicherung

Welcher Beitrag ist bei der Auswahl einer Berufsunfähigkeitsversicherung entscheidend?

Sebastian Hahn (36 Jahre alt) ist beim Abschluss seiner Berufsunfähigkeitsversicherung im letzten Jahr aufgefallen, dass es zwei Beiträge in seinem gewählten Tarif gibt. Zum einen den tatsächlichen monatlichen Beitrag über 86,45 € und zum anderen einen reduzierten über 45,23 €. Letzteren bezahlt er jeden Monat für seinen bereits abgeschlossenen Tarif an den Versicherer.

Berufsunfähigkeitsversicherung Brutto Netto Beitrag

Ist der Brutto- oder der Nettobeitrag das entscheidende Kriterium bei der Tarifwahl?

Er fragt sich nun, was bedeuten diese beiden Beiträge für ihn? In Fachkreisen wird auch vom sogenannten Brutto- und Nettobeitrag gesprochen. Manchmal hört man in diesem Zusammenhang auch von einem Maximal- und Zahlbeitrag.

Fakt ist, der Kunde bezahlt am Anfang fast immer den Netto- beziehungsweise den Zahlbeitrag für seine Berufsunfähigkeitsversicherung. Was Sebastian Hahn nicht wusste, ist, dass dieser Beitrag nicht garantiert wird und jederzeit angehoben werden könnte!

Doch wie wahrscheinlich ist das und auf welchen Beitrag hätte er beim Tarifvergleich achten sollen? Ist der Brutto- oder der Nettobeitrag wichtiger? In unserem Artikel möchten wir Verbrauchern aufzeigen, wo genau die Unterschiede liegen und worauf man beim Abschluss wirklich achten sollte?

Unterschied zwischen Brutto- und Nettobeitrag

Für die Beitragszahlung ist erst einmal der Netto- oder auch Zahlbeitrag genannt wichtig. Denn dieser wird monatlich für die Berufsunfähigkeitsversicherung vom Konto abgebucht. Den Bruttobeitrag finden Verbraucher zum einen im Angebot, aber auch im Versicherungsschein. Er ist aber zunächst nicht relevant für die Prämienzahlung. Doch wo genau liegt der Unterschied zwischen dem Brutto- und Nettobeitrag?

Erklärung:

  • Bruttobeitrag: Streng genommen handelt es sich hierbei um den tatsächlich von der Versicherungsgesellschaft kalkulierten Tarifbeitrag für das individuelle Risiko des Versicherten. Dieser müsste vom Versicherer für den jeweiligen Kunden erhoben werden, um das Risiko der Berufsunfähigkeit abzusichern. Soweit zur Theorie. In der Praxis wird dieser Beitrag so gut wie gar nicht von den Anbietern erhoben. Einzige Ausnahme sind die wenigen Versicherer, die nicht zwischen dem Brutto- und Nettobeitrag unterscheiden.
  • Nettobeitrag: Die auch als Zahlbeitrag bekannte Größe wird durch die sogenannten Überschüsse des Anbieters verringert und muss vom Versicherten tatsächlich bezahlt werden. Wichtig zu wissen ist, dass dieser Beitrag nicht bis zum Ende der Laufzeit garantiert ist und während der Vertragslaufzeit angehoben werden könnte.

Wie entstehen Überschüsse in der Berufsunfähigkeitsversicherung?

Die Überschüsse, welche den Brutto- hin zum Nettobeitrag verringern, werden auf drei unterschiedliche Arten für die Kunden des BU-Versicherers realisiert:

  • Kapitalanlagen: Das Geld der Kunden wird vom Versicherer am Kapitalmarkt investiert. Die daraus entstehenden Erträge und Zinsen werden dem BU-Tarif in Form von Überschüssen gutgeschrieben. Dadurch verringert sich der Bruttobeitrag. Wenn sich die Zinsen nun am Kapitalmarkt langfristig verändern, kann das positive oder negative Auswirkungen auf die Überschüsse haben und damit auf den Nettobeitrag.
  • Kosten: Bei jedem Tarif in der Berufsunfähigkeitsversicherung entstehen Kosten für die Verwaltung und den Vertrieb. Die vorher kalkulierten Kosten können niedriger als ursprünglich vom Versicherer angenommen ausfallen. Dann spricht man von sogenannten Kostenüberschüssen, welche dem BU-Tarif gutgeschrieben werden. Dadurch sinkt der Bruttobeitrag in Richtung Nettobeitrag.
  • Risikoverlauf: Ein BU-Tarif wird auf Grundlage statistischer Leistungsfälle, welche in der Zukunft eintreten könnten, kalkuliert. Wenn weniger Versicherte berufsunfähig werden, als ursprünglich angenommen, entstehen sogenannte Risikoüberschüsse, die sich in Form von sogenannten Risikoüberschüssen positiv auf den Netto- bzw. Zahlbeitrag auswirken.

Aus den oben genannten Arten der Überschüsse wird nun der Brutto- und Nettobeitrag kalkuliert. Wichtig zu wissen ist, dass sich der Nettobeitrag in der Theorie verändern kann.

Wer sich die Versicherungsbedingungen genauer ansieht, stellt fest, dass die Beiträge der Berufsunfähigkeitsversicherung bis zum Bruttobeitrag angehoben werden können.

In der Praxis kam das allerdings bisher sehr selten vor. Die allermeisten Gesellschaften halten seit vielen Jahren die einmal kalkulierten Nettobeiträge für ihre Kunden ein. Ob das in der Zukunft weiterhin so sein wird, weiß natürlich niemand und wäre reine Spekulation.

Im Zweifel für den geringeren Bruttobeitrag

Wer sich einen professionellen Tarifvergleich erstellen lässt, sollte in erster Linie auf die Qualität der Versicherungsbedingungen und die Erfahrung des Anbieters achten. An zweiter Stelle könnte man sich bei der Auswahl zweier fast identischer Anbieter für denjenigen mit dem geringeren Bruttobeitrag entscheiden.

Als isoliertes Kriterium ist der Vergleich der Spanne zwischen Brutto- und Nettoprämie aus Praxissicht irrelevant. Einige Experten sehen es darüber hinaus als außerordentlich wichtig an, dass der Versicherer auch auf den § 172 VVG verzichtet.

Hierbei dürfte der Versicherer nicht einmal im Notfall den Bruttobeitrag anheben, um den Tarif weiterzuführen. Am besten ist es, wenn man sich als Verbraucher für einen Anbieter entscheidet, der viel Erfahrung und Kompetenz auf dem Gebiet der Berufsunfähigkeitsversicherung mitbringt. Dann ist auch das Risiko einer Beitragsanpassung geringer.

Sollte der Nettobeitrag nicht entscheidend sein?

Denn ein anheben der Prämien, egal ob es sich um den Brutto- oder Nettobeitrag handelt, hat vorab schon einmal eine falsche Tarifkalkulation zur Grundlage. Von einem erfahrenen BU-Anbieter sollte man aber erwarten, dass er die Kalkulationsgrundlagen schon aus Reputationsgründen beherrscht.

Denn nichts wäre für den Versicherer schlimmer, als wenn er sich verkalkuliert und dann die Prämien anheben müsste. Den größten Anteil an den Überschüssen haben laut einem Produktmanager einer großen Versicherung die Risikoüberschüsse. Also der Teil der Beiträge, den Kunden aufgrund geringerer Schadenquoten als angenommen nicht bezahlen müssen.

Was wiederum nicht heißen soll, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht zahlen würde, wenn es zum Ernstfall kommt. Es ist die hohe Kunst der Versicherungsmathematiker der jeweiligen Anbieter eine risikogerechte Prämie für jeden zu ermitteln und das sollte sich langfristig im Nettobeitrag widerspiegeln.

Wer sich allerdings komplett absichern möchte, dem bleibt nichts anderes übrig, als sich am Bruttobeitrag zu orientieren, auch wenn er damit womöglich über die komplette Laufzeit einen höheren Beitrag bezahlt.

Zusammenfassung

Ob man sich letzten Endes bei der Entscheidung für den einen oder anderen Tarif am Brutto- oder Nettobeitrag orientiert, bleibt jedem selbst überlassen. Wer ein Stück mehr Sicherheit benötigt und auch bereit ist dafür mehr Geld zu bezahlen, kann sich am Bruttobeitrag orientieren.

Denn der Nettobeitrag ist nicht über die komplette Laufzeit garantiert, da er in der Theorie je nach Überschusssituation des Versicherers angepasst werden könnte. In der Praxis kam das zumindest in der Vergangenheit sehr selten vor. Was die Frage offen lässt, ob man sich im Tarifvergleich überhaupt mit dem Bruttobeitrag beschäftigen sollte.

Einige Experten warnen davor, sich nur nach dem Nettobeitrag zu richten, da man als Verbraucher keine Planungssicherheit hätte. Dem entgegenzusetzen ist, neben dem, dass in der Vergangenheit kaum Anpassungen des Nettobeitrags vorgenommen wurden auch, dass man bis zu einer Anpassung unter Umständen sehr viel mehr an Prämien leisten muss. Außerdem steht nicht fest, wie hoch eine mögliche Anpassung überhaupt ausfällt.

Es könnten auch nur ein paar Euro im Monat sein. Eine pauschale Empfehlung lässt sich zu diesem Thema nicht geben, da keiner weiß, was die Zukunft bringt. Nur wer die Wahl zwischen zwei identischen Anbietern mit ähnlich hohem Nettobeitrag hat, kann sich für den mit dem geringeren Bruttobeitrag entscheiden. Im Vergleich sollten Verbraucher aber eher ihr Augenmerk auf die Erfahrung der Versicherungsgesellschaft sowie die Vertragsbedingungen legen.


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